Die große Abnehm-Sprechstunde

Wie schaffe ich es, abends nicht vor dem Fernseher zu naschen?

Der Abend ist oft der schwierigste Moment des Tages – aber du kannst lernen, mit Appetit, Gewohnheit und Emotionen bewusst umzugehen.

Tobias, 38, kommt abends müde von der Arbeit, isst noch eine Kleinigkeit – und dann passiert es fast automatisch: Die Chipstüte wird geöffnet, ein paar Gummibärchen folgen, und ehe er sich versieht, ist die halbe Packung leer. „Ich weiß, dass ich eigentlich keinen Hunger habe – aber das Sofa, der Fernseher und die Snacks gehören irgendwie zusammen.“

Diese Szene ist typisch. Und sie ist menschlich. Viele Menschen, die tagsüber einigermaßen diszipliniert essen, erleben genau abends die größten Stolperfallen. Doch mit etwas Achtsamkeit, Selbstbeobachtung und neuen Strategien lässt sich der Automatismus durchbrechen – ohne sich etwas zu verbieten.

Warum naschen wir abends vor dem Fernseher?

Zunächst: Es geht in den seltensten Fällen um echten Hunger. Abends wird gegessen, weil der Tag geschafft ist, weil man sich belohnen will, weil endlich Ruhe einkehrt. Es geht um Entspannung – und Essen ist ein schneller, bequemer Weg, sie zu erzeugen.

Häufige Auslöser für abendliches Naschen:

  • Gewohnheit („Ich mache das jeden Abend.“)
  • Belohnung („Ich hab’s mir verdient.“)
  • Langeweile („Es passiert ja sonst nichts mehr.“)
  • Emotionen („Ich will abschalten, nicht nachdenken, einfach genießen.“)

Dazu kommt oft, dass der Tag sehr kontrolliert war – kein Zucker, wenig Essen, viel Stress. Und abends holt sich der Körper, was ihm fehlt – nicht selten mit voller Wucht.

Der Teufelskreis aus Verzicht und Überkompensation

Viele Menschen wie Tobias essen tagsüber eher wenig oder sehr diszipliniert – und „scheitern“ abends. Das hat oft nichts mit Willensschwäche zu tun, sondern mit einem biologischen und psychologischen Ungleichgewicht.

 

Wenn du tagsüber zu wenig isst, zu viele Regeln aufstellst oder Hunger ignorierst, ist es nur logisch, dass du abends „nachholst“. Dein Körper fordert Energie, dein Kopf verlangt nach Belohnung – und du landest vor der Süßigkeitenschublade.

Bewusst essen statt automatisch naschen

Der Schlüssel liegt darin, den Abend neu zu gestalten. Nicht mit Kontrolle, sondern mit Achtsamkeit. Nicht mit Verboten, sondern mit Alternativen.

Ein erster Schritt: Mache dir bewusst, wann genau du zum Snack greifst. Ist es gleich nach dem Abendessen? Erst nach einer Stunde? Beim ersten Werbeblock? Diese Erkenntnis ist wichtig, um deinen eigenen Ablauf besser zu verstehen.

Dann frage dich: Was passiert innerlich in dem Moment? Bist du müde, frustriert, rastlos, unterfordert, traurig, leer? Oder einfach im Autopilot?

Je besser du das Muster erkennst, desto gezielter kannst du es verändern.

Alternative Abendroutinen – realistisch und stärkend

Du musst nicht den ganzen Abend verändern. Aber du kannst an kleinen Stellschrauben drehen.

Zum Beispiel:

  • Iss ein vollwertiges Abendessen mit komplexen Kohlenhydraten und Eiweiß – das sättigt nachhaltig.
  • Sorge für ein gemütliches Getränk: Tee mit Gewürzen, ein Glas Sprudelwasser mit Zitrone, ein Eiweißshake – etwas, das dir Genuss gibt.
  • Ersetze das Essen nicht sofort, aber ergänze: Eine Wärmflasche, eine Massage, ein gutes Buch – was tut dir am Abend wirklich gut?

Auch Bewegung kann helfen – nicht als Pflicht, sondern als Stimmungsaufheller. Ein kurzer Spaziergang, eine entspannte Dehneinheit oder zehn Minuten sanftes Yoga vor dem Fernseher können Wunder wirken.

Auslöser umprogrammieren – neue Reize setzen

Du kannst lernen, bestimmte Reize neu zu belegen. Wenn du bisher beim Einschalten des Fernsehers automatisch zur Snackschublade gehst – was wäre, wenn du stattdessen erstmal ein Glas Wasser holst? Oder eine kleine Notiz liest mit der Frage: „Was brauche ich jetzt wirklich?“

Diese Mini-Unterbrechungen helfen, den Autopiloten zu stoppen. Und manchmal reicht genau das: ein Moment der Achtsamkeit.

Tobias erzählt: „Ich hab mir eine Kiste gemacht mit kleinen Dingen, die mir guttun: Duftöl, Massageroller, ein schönes Notizbuch. Bevor ich zu den Chips greife, greife ich da hinein. Es hilft – nicht immer, aber immer öfter.“

Wie du mit Heißhunger bewusst umgehst

Manchmal kommt der Heißhunger trotzdem. Dann gilt: Nicht bekämpfen, sondern begleiten.

Frage dich:

  • Was genau will ich gerade essen?
  • Wie viel davon würde mir gut tun?
  • Wie kann ich es genießen, ohne es in mich hineinzuschaufeln?

Vielleicht hilft es dir, den Snack auf einem Teller zu portionieren – statt aus der Packung zu essen. Oder dich bewusst dafür zu entscheiden: „Ich gönne mir jetzt zwei Stücke Schokolade – und esse sie langsam, mit allen Sinnen.“

Das klingt banal – macht aber einen riesigen Unterschied.

Was tun bei emotionalem Essen?

Essen vor dem Fernseher hat oft auch emotionale Komponenten. Der Tag war stressig, die Kinder anstrengend, das Herz schwer. Essen tröstet, beruhigt, betäubt.

Doch genau das kann dich langfristig unzufrieden machen. Deshalb lohnt es sich, andere Wege zu finden, mit Gefühlen umzugehen.

Ein paar Ideen:

  • Schreib dir abends drei Dinge auf, die gut waren.
  • Mach dir eine Liste mit „Notfallalternativen“, wenn du merkst, dass du aus Kummer isst.
  • Ruf eine Freundin an, schreib eine Nachricht, hör Musik – tu etwas, das dich mit dir selbst verbindet.

Diese emotionalen Alternativen sind kein Ersatz für Therapie – aber sie helfen, nicht mehr alles auf das Essen zu projizieren.

Was wirklich gegen das Naschen hilft: liebevoller Umgang

Viele versuchen, das Naschen mit Druck zu bekämpfen: „Ich darf das nicht mehr.“ – „Ab morgen esse ich abends nichts mehr.“ – „Ich muss endlich diszipliniert sein.“

Doch Druck erzeugt Gegendruck. Und Verbote machen das Verbotene oft nur noch reizvoller. Was stattdessen hilft:

  • Verständnis für dich selbst.
  • Eine klare, aber freundliche Haltung: „Ich möchte achtsamer essen, weil ich mir guttun will.“
  • Kleine Erfolge feiern: „Heute habe ich bewusst entschieden, nicht zu naschen. Und das fühlt sich gut an.“

So entsteht mit der Zeit ein neues Selbstbild – nicht als disziplinierte:r „Verzichter:in“, sondern als jemand, der oder die liebevoll auf sich achtet.

Rückschläge einplanen – und nicht dramatisieren

Ja, du wirst wieder mal abends naschen. Vielleicht mehr, als du wolltest. Vielleicht aus Frust, vielleicht aus Gewohnheit. Und das ist okay.

Wichtig ist, was du danach denkst:

  • „Ich hab’s wieder vermasselt“ bringt dich zurück in alte Muster.
  • „Heute war’s schwer – aber morgen wird’s wieder besser“ öffnet den Blick für Entwicklung.

Tobias sagt: „Ich bin nicht perfekt. Aber ich merke, dass ich bewusster werde. Und das ist ein Riesenschritt.“

Fazit: Achtsamkeit schlägt Disziplin

Abends nicht zu naschen ist keine Frage der Willenskraft – sondern der Selbstwahrnehmung. Wenn du erkennst, was du wirklich brauchst, wenn du neue Rituale schaffst und dir selbst mit Verständnis begegnest, wird sich dein Essverhalten verändern.

 

Tobias ist auf dem Weg. Nicht weil er sich alles verbietet – sondern weil er gelernt hat, anders auf sich zu achten. Und genau das kannst auch du.

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