Die große Abnehm-Sprechstunde

Was hilft bei Gewichtsproblemen durch Antidepressiva?

Viele Menschen nehmen unter Antidepressiva an Gewicht zu – aber mit dem richtigen Wissen und ein paar Veränderungen lässt sich gegensteuern.

Als Julia, 39, uns ihre Frage stellte, war sie spürbar zerrissen: „Ich nehme seit ein paar Monaten Antidepressiva – sie helfen mir sehr bei meiner Stimmung. Aber ich habe schon sechs Kilo zugenommen, obwohl ich mich normal ernähre. Muss ich das einfach hinnehmen – oder kann ich etwas tun?“

Diese Frage bewegt viele Menschen. Denn psychische Gesundheit hat endlich mehr Aufmerksamkeit bekommen – doch oft werden die körperlichen Nebenwirkungen von Psychopharmaka ausgeblendet. Gewichtszunahme gehört zu den häufigsten Begleiterscheinungen von Antidepressiva. Wichtig ist: Du bist damit nicht allein. Und nein, du musst es nicht einfach hinnehmen.

Warum machen Antidepressiva häufig dick?

Antidepressiva wirken auf den Hirnstoffwechsel – vor allem auf die Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. Diese Botenstoffe beeinflussen nicht nur Stimmung, sondern auch Hunger, Sättigung, Appetit, Schlaf und Aktivitätslevel. Je nachdem, welches Präparat du nimmst, kann sich das unterschiedlich auswirken.

 

Einige Medikamente verlangsamen den Stoffwechsel leicht, andere erhöhen den Appetit, besonders auf Kohlenhydrate. Wieder andere führen zu Wassereinlagerungen oder einer Veränderung der Körperzusammensetzung. Der Effekt kann sich schleichend einstellen – oft über Monate hinweg.

Was viele Betroffene zusätzlich berichten: Die neue Stabilität führt oft dazu, dass das Essen wieder „schmeckt“, das Hungergefühl zurückkommt oder man entspannter isst – auch das kann zur Zunahme beitragen. Das ist nicht falsch – sondern menschlich.

Welche Wirkstoffe sind besonders betroffen?

Am häufigsten treten Gewichtszunahmen auf bei:

  • Mirtazapin
  • Amitriptylin
  • Paroxetin
  • Citalopram
  • Sertralin (moderate Tendenz)

Andere Medikamente wie Bupropion oder Fluoxetin gelten als eher gewichtsneutral oder können sogar zu leichter Gewichtsabnahme führen – allerdings wirken sie nicht bei jedem gleich gut.

Wichtig: Bitte setze niemals eigenständig Medikamente ab oder wechsle ohne Rücksprache mit deiner Ärztin oder deinem Arzt. Die Behandlung der Depression hat immer Vorrang – aber sie lässt sich ergänzen und begleiten.

Was kannst du konkret gegen die Gewichtszunahme tun?

Wenn du das Gefühl hast, dass deine Medikamente dein Gewicht beeinflussen, ist das kein Grund zur Scham – sondern ein Signal, genauer hinzusehen. Es gibt keine Patentlösung, aber viele Möglichkeiten, deinem Körper und deiner Seele gleichzeitig etwas Gutes zu tun. Wichtig dabei ist: Druck rausnehmen, achtsam beobachten und Schritt für Schritt kleine Veränderungen anstoßen. Was jetzt zählt, ist nicht der perfekte Plan – sondern dein Weg, der zu dir passt.?

1. Verstehe, was dein Körper gerade durchmacht

Dein Körper reguliert sich gerade neu. Die Medikamente bringen dein emotionales Gleichgewicht in Ordnung – und dein Stoffwechsel braucht oft etwas Zeit, um sich anzupassen. Das ist keine Schwäche, sondern ein Zeichen, dass dein System arbeitet.

2. Beobachte deinen Appetit bewusst – aber ohne Druck

Führe für ein paar Tage ein Ernährungstagebuch, aber nicht zum Kalorienzählen. Schreibe auf, wann du Appetit bekommst, auf was du Lust hast, und wie du dich danach fühlst. Oft zeigen sich Muster – z. B. abends mehr Hunger, Lust auf Süßes bei Langeweile, unbewusstes Snacken beim Fernsehen.

Dieses Wissen ist Gold wert, weil du gezielter reagieren kannst – ohne Verzicht, sondern mit mehr Achtsamkeit.

3. Regelmäßige Mahlzeiten statt dauerndem Snacken

Durch manche Antidepressiva entsteht ein ständiges „Lustgefühl“ auf Essen. Besser als viele kleine Snacks sind drei echte, sättigende Mahlzeiten am Tag – mit ausreichend Protein, Gemüse, gesunden Fetten und komplexen Kohlenhydraten.

Das hilft deinem Blutzucker, stabil zu bleiben – und mindert Heißhungerattacken.

4. Mehr Bewegung – ohne Sportstress

Viele Antidepressiva dämpfen nicht nur den Appetit, sondern auch die Motivation. Umso wichtiger ist es, dich sanft in Bewegung zu bringen – nicht als „Pflicht“, sondern als Impuls für dein System.

Schon 20–30 Minuten Gehen, Radfahren, Tanzen oder leichtes Krafttraining wirken stoffwechselaktivierend, stimmungsaufhellend und appetitzügelnd. Wichtig: regelmäßig, nicht extrem.

5. Schlaf im Blick behalten

Manche Medikamente machen schläfriger – andere stören den Schlaf. Beides kann das Gewicht beeinflussen. Schlafmangel erhöht das Hormon Ghrelin (Appetit) und senkt Leptin (Sättigung). Wenn du schlecht schläfst, sprich das unbedingt an – ggf. kann dein Arzt das Präparat anpassen oder ergänzen.

6. Stresslevel senken – so gut es geht

Depression ist selbst schon eine Stressbelastung. Hinzu kommen oft Sorgen wegen der Zunahme – ein zusätzlicher Stressfaktor. Aber: Dauerstress erhöht Cortisol – und das fördert Bauchfett und Heißhunger.

Baue kleine Pausen in deinen Alltag ein. Atemübungen, Zeit im Grünen, Musik, kreative Hobbys oder Gespräche mit Freunden – das wirkt wie ein Gegengewicht zum Stress und hilft deinem Körper, loszulassen.

7. Medikation überprüfen – mit deinem Arzt gemeinsam

Manchmal gibt es Alternativen, die ähnliche Wirkung bei weniger Nebenwirkungen haben. Nicht jedes Medikament wirkt bei jedem gleich. Wenn du stark zunimmst und dich körperlich unwohl fühlst, sprich das offen an. Ein Wechsel kann sinnvoll sein – aber muss immer individuell entschieden werden.

8. Langsam, aber stetig: Der Gewichtsverlauf ist keine Einbahnstraße

Viele Menschen nehmen zu Beginn der medikamentösen Behandlung zu – doch mit der Zeit pendelt sich das Gewicht wieder ein. Manche verlieren nach einigen Monaten sogar wieder Gewicht, wenn sich der Hormonhaushalt beruhigt.

Vertraue darauf, dass du mit kleinen Veränderungen langfristig viel erreichen kannst – und gib deinem Körper Zeit.

Die zwei größten Irrtümer bei Antidepressiva und Gewicht

„Dann esse ich halt einfach weniger.“
Das funktioniert selten. Viele, die das versuchen, landen im Teufelskreis aus Hunger, Frust und Rückfällen. Der Körper kämpft gegen zu starke Reduktion – besonders, wenn die Medikation den Appetit steigert.

„Dann höre ich mit dem Medikament wieder auf.“
Das ist gefährlich. Die Depression verschwindet nicht dadurch, dass du auf die Waage schaust. Die seelische Stabilität hat Vorrang – und du kannst das Gewichtsthema separat begleiten. Bitte nie Medikamente aus Angst vor Gewichtszunahme eigenständig absetzen.

Was Julia getan hat – und was du davon lernen kannst

Julia hat gemeinsam mit ihrer Ärztin das Gespräch gesucht. Sie hat ihre Nebenwirkungen offen angesprochen – ohne Vorwürfe, aber mit Klarheit. In der Folge wurde das Medikament leicht angepasst. Gleichzeitig begann sie mit einem kleinen Fitnessprogramm zuhause, das sie motivierte.

Besonders geholfen hat ihr ein Ritual: Jeden Sonntag plant sie drei einfache, sättigende Gerichte für die Woche vor – plus einen Spaziergang mit ihrer Freundin. Diese Mini-Gewohnheiten gaben ihr wieder ein Gefühl von Kontrolle – ohne Diätstress.

Nach acht Wochen schrieb sie uns: „Ich wiege zwar fast noch genauso viel – aber ich fühle mich anders. Und mein Körper scheint langsam mitzukommen.“

Fazit: Du darfst dich gleichzeitig um deine Seele und deinen Körper kümmern

Wenn du unter Antidepressiva zunimmst, bedeutet das nicht, dass du versagt hast. Es ist eine mögliche Nebenwirkung – nicht mehr und nicht weniger. Du darfst Hilfe annehmen, Strategien entwickeln und dein Gleichgewicht neu finden.

 

Dabei geht es nicht darum, möglichst schnell wieder schlank zu sein – sondern darum, dich wieder als Ganzes wahrzunehmen. Dein Weg darf sanft sein, langsam, mutig – und vor allem: dein eigener.

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